Die Fahrzeuginstandhaltung wird digital

Unter dem Motto „Instandhaltung digitalisieren – ECM nutzbringend umsetzen“ trafen sich im Mai dieses Jahres mehr als 130 Teilnehmer aus verschiedenen Verkehrs- und Dienstleistungsunternehmen auf dem Kongress „Fahrzeuginstandhaltung“ von DB Training in Frankfurt am Main und tauschten sich über die Herausforderungen und Potenziale, aber auch über den Status Quo der Branche aus.

Ein Ergebnis: Die Instandhaltung von Schienenfahrzeugen wird sich in den nächsten Jahren erheblich verändern. Datenanalysen, Vernetzung und Software-Tools sollen dabei helfen, die Instandhaltung zu optimieren, Kosten zu senken und die Verfügbarkeit zu erhöhen. Dies wird auch die typischen Berufsbilder nachhaltig verändern.

Eröffnet wurde der erste Kongresstag von Kai Brüggemann, dem Produktionsvorstand von DB Fernverkehr. Er machte deutlich, dass mit Ausweitung des Fernverkehrsangebotes im Rahmen von Zukunft Bahn auch mehr Kapazitäten für die Instandhaltung der ICE- und IC-Flotte erforderlich seien. Fahrzeugseitig werden dafür bereits diverse Instrumente entwickelt und in der Praxis getestet. In den Instandhaltungsunternehmen gewinnen digitale Kompetenzen und neue Berufsbilder an Bedeutung: In die Instandhaltungs- und Wartungsteams müssen IT-Spezialisten und Datenanalysten integriert werden, die zukünftig mit Ingenieuren und Fahrzeugtechnikern zusammenarbeiten sollen. Vor allem für die Mitarbeiterführung werden dadurch neue Aufgaben und Herausforderungen entstehen.

Big Data in der Instandhaltung

In Workshops diskutierten die Kongressteilnehmer gemeinsam mit Experten und Referenten Umsetzungsbeispiele und praktische Erfahrungen mit digitaler Instandhaltung.

Dieter Rembiak und Igor Ullrich von Siemens Mobility stellten die Analyse-Plattform „Railigent“ vor, welche eine 99-prozentige Fahrzeugverfügbarkeit anstrebt. Zu den Funktionen der Plattformen zählt neben der Zustandsüberwachung auch die Auswertung und Aufbereitung der Daten für verschiedene Anwender, wie Ingenieure, Disponenten und Führungskräfte.

Philipp Bertheau vom Güterverkehrsbetreiber SBB Cargo berichtete von einer Anwendung, die auf einer Plattform der SBB (Schweizerische Bundesbahn) aufsetzt und Daten aus verschiedenen Systemen integriert und aufbereitet. Dadurch entstünde eine einheitliche Datenquelle, die den verschiedenen Anwendern die benötigten Informationen bereitstellt. Genutzt werden kann die Anwendung unter anderem zur Erstellung von Statusabfragen, Statistiken und Prognosen, aber auch zur Verbesserung des Dialoges zwischen den beteiligten Anwendern. Trotz einer alternden Flotte konnte durch die Nutzung der Anwendung die Fahrzeugverfügbarkeit der SBB in den vergangenen Jahren verbessert werden. Während die Dokumentation der Daten inzwischen weitgehend papierlos abgewickelt werde, sei die Sicherung der Datenqualität noch immer eine Aufgabe, die nicht automatisiert werden kann, sagte Bertheau. Die Qualitätssicherung beginnt mit der Eingabe der Daten durch den Techniker vor Ort und erfordert sowohl die Erarbeitung standardisierter Prozesse als auch einen verstärkten Austausch und Wissenstransfer zwischen den beteiligten Mitarbeitern. Für Philipp Bertheau steht fest, dass das Berufsbild des Fahrzeuginstandhalters sich wandeln wird und IT-Kompetenzen immer wichtiger werden.

Digitale Transformation: Nicht ohne die Mitarbeiter

Einigkeit bestand unter den Teilnehmern bei der anschließenden Podiumsdiskussion darüber, dass der Faktor Mensch entscheidend für das Gelingen des digitalen Wandels sei. Man müsse die Mitarbeiter dabei begleiten, ihnen die Vorteile aufzeigen, die in ihrem eigenen Arbeitsumfeld entstehen und sie den Anforderungen entsprechend qualifizieren. Führungskräfte hätten die Verantwortung, Ängste zu nehmen, die bei der Einführung digitaler Technologien entstehen können und hätten Sorge dafür zu tragen, dass alteingesessene Instandhalter mit jungen IT-affinen Mitarbeitern ins Gespräch kommen und produktiv zusammenzuarbeiten. Neben der individuellen Kompetenzentwicklung kommt es auch auf die Herausbildung digitaler Gruppenkompetenzen und die Überwindung von Abteilungs-Egoismen an.

Die Kongressteilnehmer stellten abschließend fest: In technischer Hinsicht besteht Vertrauen in die digitalen Möglichkeiten, jedoch herrscht noch Unsicherheit über den Umgang mit Daten und welche Schlüsse aus ihnen gezogen werden kann. Neben der der Entwicklung von IT-Kompetenz seien definierte Prozesse und organisatorische Veränderungen ebenso notwendig.

Weitere Informationen, insbesondere zum zweiten Kongresstag, der ganz von Zeichen der ECM (Entity in Charge of Maintenance, für die Instandhaltung zuständige Stelle) stand, finden Sie in der Fachzeitschrift „Deine Bahn“, Ausgabe 08/2017.

Bild: Deutsche Bahn / Oliver Lang