Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU)

Eisenbahnverkehrsunternehmen – kurz EVU – betreiben Bahntransporte für Personen und/oder Güter auf den Schienen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU). Die EIU sind für den Ausbau und die Erhaltung der Eisenbahninfrastruktur wie Gleisanlagen und Bahnhöfe zuständig. Laut dem Eisenbahnbundesamt gibt es in Deutschland insgesamt 451 öffentliche und 156 nichtöffentliche Bahnunternehmen. Insbesondere der Regionalverkehr und der Güterverkehr wird in steigendem Maße von privaten Unternehmen betrieben. Mittlerweile haben private EVUs einen Anteil von 47 Prozent an den Güterverkehrsleistungen (Stand 2017). Die Deutsche Bahn ist europaweit das größte Eisenbahnverkehrsunternehmen und betreibt als EIU „DB Netz AG“ ebenfalls einen Großteil der Infrastruktur.

Rechtliche Aspekte

Definiert wird der Begriff des Eisenbahnverkehrsunternehmens im Allgemeinen Eisenbahngesetz. Hiernach müssen die Betreiber folgende Leistungen erbringen:

  • Der oder die Betreiber*in muss dem Land ein polizeiliches Führungszeugnis sowie eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung zum/zur Eisenbahnbetriebsleiter*in vorlegen.
  • Darüber hinaus muss die finanzielle Leistungsfähigkeit in Form eines Jahresabschlusses sowie eine abgeschlossene Haftpflichtversicherung nachgewiesen werden.
  • Eisenbahnverkehrsunternehmen sind zudem verpflichtet, über eine Summe von 20 Millionen Euro pro Schadensereignis versichert zu sein, die für jede Versicherungsperiode zweimal zur Verfügung stehen muss.

Bei einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Kriterien erteilt die zuständige Landesbehörde die Erlaubnis zum Betrieb einer EVU, welche dann für 15 Jahre gültig ist.

Geschichte der Eisenbahnverkehrsunternehmen

Die Begriffe EVU und EIU wurden beide mit der Bahnreform 1994 definiert, als die Eisenbahn in Deutschland von einem bundeseigenen Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umstrukturiert wurde. Weder die Bundesbahn der BRD noch die Reichsbahn der DDR waren den Anforderungen eines zuverlässigen Personentransportmittels oder der Bewältigung des erhöhten Gütertransportes durch die Öffnung der europäischen Märkte gewachsen. Hinzu kamen hohe Schulden (66 Milliarden D-Mark im Jahr 1993), die systematische Vernachlässigung der Infrastruktur sowie Personaleinsparungen, welche die Behörde der Bahn effektiv handlungsunfähig in der Konkurrenz zum Straßenverkehr und zu Flugzeugen machten.

Die privatrechtliche Organisation der Bahn in Eisenbahnverkehrsunternehmen, die Öffnung der Infrastruktur für private Betreiber sowie die Übertragung des Nahverkehrs vom Bund auf die Länder sollen den Fortbestand des Transportmittels Eisenbahn für die Zukunft sichern.

Interessenkonflikte durch Privatisierung

Der Zugang zur Infrastruktur der Eisenbahn muss laut Gesetz diskriminierungsfrei möglich sein. Alle EVUs haben ein Anrecht auf gleiche Bedingungen bei der Fahrplangestaltung sowie eine einheitliche Trassengebühr. In der Vergangenheit hatte dies zu anhaltenden Konflikten zwischen der DB Netz AG und verschiedenen Eisenbahnverkehrsunternehmen geführt, so dass im Jahr 2006 die Bundesnetzagentur als unabhängige Kontrollinstanz gegründet wurde.

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