Die Initialisierung eines innovativen Projekts entsteht meist aus einem Mangel heraus – so auch bei der Fort- und Weiterbildung von Fahrdienstleitern innerhalb der DB Netz AG. Für neuere Bauformen, wie zum Beispiel Relais- oder computergesteuerte elektronische Stellwerke, existieren gut funktionierende und realitätsnahe Computersimulationen.

Der einfache Zugang zu einer praxisnahen Situation in der Aus- und Fortbildung ist jedoch nicht für alle Stellwerksformen gegeben. Insbesondere bei den elektromechanischen und rein mechanischen Stellwerken ist es deutlich schwieriger. Lehrstellwerke wie beispielsweise in Darmstadt stellen eine knappe Ressource dar. Trotzdem ist die Simulation ein notwendiger Teil der Ausbildung und des regelmäßigen Trainings der Fahrdienstleiter.

Chancen für die Zukunft erkannt

Mit der unbefriedigenden Situation konfrontiert wurde die Idee entwickelt, die Möglichkeiten des Lernens in der virtuellen Realität umzusetzen. Die Idee: In der VR begibt sich der Fahrdienstleiter mittels einer speziellen Brille in ein virtuelles, also nicht real existierendes Stellwerk. Der Nutzer hält einen Controller in der Hand, welcher die Bewegungen seiner Arme auf das System überträgt. Nun kann ein Regelbetrieb simuliert werden, bei dem ein Zug störungsfrei von A nach B fährt.

Die Impulsgeber waren sich sicher: Diese Technik würde den Unterricht der jährlichen Weiterbildung in Form von FIT (Fachliche Information und Training) einerseits deutlich interessanter und attraktiver machen. Zudem würde andererseits die Handlungssicherheit der Fahrdienstleiter in Störsituationen erhöht.

Projektpartner im Konzern gefunden

Das Ziel war gesteckt: Es sollte ein mechanisches Stellwerk in der Virtuellen Realität gebaut werden. Die geeigneten Projektpartner fand man innerhalb des Konzerns mit dem Team „EVE“ der DB Systel und in der RegioNetz Infrastruktur GmbH. DB Training steuerte den didaktischen Input bei und die Kollegen der Abteilung Regelwerke und Personal lieferten wertvolle fachliche Unterstützung. So formiert startete die bereichsübergreifende Projektgruppe ihr Vorhaben.

Fachleute zum Test im Skydeck

Tatsächlich gelang es der Projektgruppe, das mechanische Stellwerk in der Virtuellen Realität zu bauen – und den Regelbetrieb zu simulieren. Nach nur wenigen Monaten war ein Meilenstein erreicht, bereits im Juli konnte zum ersten Mal in größerem Rahmen getestet werden.

Kein Ort konnte dafür besser geeignet sein als das Skydeck in der 30. Etage des Frankfurter Silberturms bei DB Systel, wo auch andere Innovationen des IT-Dienstleisters getestet werden. Drei Stationen mit großen Flachbildschirmen, VR-Brillen und Controllern waren aufgebaut. Dort wurden die Systeme von den Testern auf Herz und Nieren geprüft. Schnell ergaben sich Fachgespräche zwischen Nutzern, Entwicklern und Fachkoordinatoren.

VR besteht bei Praktikern

Alle Teilnehmer waren sichtlich zufrieden, allen voran Projektkoordinator Marc Schuchardt. „Wir hatten eine tolle Resonanz, haben gemeinsam Fehler gefunden, diese vor Ort an die Programmierer weitergegeben und somit gleich behoben.“ Sein Fazit und auch das der Probanden am Test-Event im Silberturm: „Die mechanische Stellwerkssimulation in der Virtuellen Realität ist absolut FIT- und ausbildungstauglich!“

Ausblick

Die Stellwerkssimulation in der virtuellen Realität befindet sich weiter in der Entwicklung und Verbesserung. Zum 8. August wurde der Release 1.0 mit den Funktionen im Regelbetrieb abgeschlossen. Aktuell wurde mit der Programmierung von Störungen und Fehlern begonnen. Parallel dazu wird ein Konzept erstellt, wie die Virtuelle Realität möglicherweise in die Ausbildung und den FIT-Unterricht der Zukunft integriert werden kann. So wird es noch einige Zeit dauern, bis diese Art der Simulation für jeden Fahrdienstleiter verfügbar ist.

Weitere interessante Beiträge aus der Fachzeitschrift Deine Bahn finden Sie auch online unter www.system-bahn.net.

Quelle: Fachinformation Bahn Fachverlag, erschienen in „Deine Bahn.“, 46. Jahrgang, Oktober 2018, S. 24-28
Bild: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben